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Rhetorik vom 3. Jahrhundert bis zum heutigen Tag

Einer der großen Kirchenväter, Johannes I. von Konstantinopel (344 – 407 n. Chr.), erhielt aufgrund seiner Beredsamkeit den Beinamen Chrysostomus – zu deutsch Goldmund. Er war der Meinung, dass jede Rede der Belagerung der Seele des Hörers gleiche.

Im Mittelalter prägten die Kloster- und Predigtschulen die Rhetorik. Das wirksam gesprochene Wort galt als Kunst und wurde für die Verbreitung des Glaubens genutzt. Daneben fand die Rhetorik praktische Bedeutung und erfreute sich großer Beliebtheit bei Plädoyers vor Gericht.

Der politische Bereich der Rhetorik wurde in Italien durch die rund 10 000 Studierenden der Universität Bologna, der ältesten Hochschule Europas, unterstrichen (um 1200 n. Chr.).

Die Rhetorik galt neben Grammatik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie als eine der „Sieben Freien Künste“.

In der Zeit des Barocks erschienen dann die ersten Rhetorikbücher in deutscher Sprache – vorher waren sie wie fast aller Stoff der Wissenschaft in griechischer oder lateinischer Sprache verfasst. Leider ging seit dem Mittelalter viel des damaligen Wissens verloren.

Die Französische Revolution brachte Redner wie Gabriel de Mirabeau (1749 – 1791), Maxmilian Robespierre (1758 – 1794), Georges Jacques Danton (1759 – 1794) und Napoleon I. (1769 – 1821) hervor.

In Deutschland ist besonders Otto von Bismarck (1815- 1898) trotz seiner ungünstigen sprechtechnischen Voraussetzungen als guter Redner zu erwähnen. Er glich seine Schwierigkeiten durch persönliche Ausstrahlung und geistige Brillanz aus.

Während der russischen Februar Revolution und danach peitschten die demagogischen Redner Lenin, Trotzki oder Stalin das Volk auf.

Die Rhetorik im Nationalsozialismus ist einmal mehr ein Beweis für die Möglichkeiten dieser Kunst, zugleich aber auch das Negativbeispiel schlechthin für die gewissenlose Anwendung eines als nützlich erkannten Instruments. Mit seiner Hilfe hetzten Hitler und Göbbels die deutsche Bevölkerung in den Zweiten Weltkrieg mit seinen grauenhaften Folgen. Dieses Erbe belastet die Rhetorik liegt im Bereich der Wirtschaft, wobei se in erster Linie um Funktionierende Kommunikation Durch gut formulierte Sachargumente geht. Eine leichtverständliche und motivierende Sprache soll zu Gedanken und Taten veranlassen.

Wenn heute im Gegensatz zu früheren Zeiten die Rhetorik in Politik und Militär zugunsten der Wirtschaft und des Privatlebens in den Hintergrund getreten ist, so werden doch die Erkenntnisse und Techniken der klassischen Rhetorik nach wie vor angewendet. Denn weniger als je zuvor kann man in der heutigen, auf Kommunikation ausgerichteten Zeit auf gutes und überzeugendes Reden verzichten.