Achterwasser – im Hausboot

Den ersten teil unserer Hausbooterfahrungen gibt´s hier

· Sonntag 20. Mai 2000: 0730 Guten Morgen! Kaum möglich – Norbert heiderlt noch. Nacht war regnerisch und kühl (Um 0430 war Nebel über dem Fluss). Sehr romantisch. Frühstück Evi-like und wie am Boot gewohnt köstlich. 0830 Abfahrt Richtung Loitz (das spricht man Löz aus. Warum weiß niemand). Die Brückenöffnungszeiten sind saudeppert. Wir hätten entweder um 0800 dort sein müssen oder jetzt bis 1100 (1 ½ Stunden) warten. 16°C. Einkauf in Loitz. Brücke (eine der letzten händisch zu bedienenden Drehbrücken) wird um 1100 passiert. Bewölkt. Plötzlicher Regen, der zu Hagel wird. 13°C. Aber unser Boot ist gut geheizt und liegt sehr gut im Wasser.1315 anlegen in Jarmen. Die Peene sieht eigentlich überall gleich aus. Ufer mit Schilf und alten Bäumen bewachsen. Die Wurzeln sind meist flussseitig unterspült und viele Bäume dadurch umgefallen und so belassen. Dahinter, soweit es der Einblick zulässt, Torfstiche, die zu Seerosen-Teichen geworden sind. Hie und da, aber sehr selten, Schwäne und ganz wenig Wildenten und Reiher. Zweimal haben wir einen Seeadler gesehen. Nur den Kuckuck hört man oft. Und nun wieder zu Jarmen. Was von den Städten vom Wasser aus zu sehen ist, sind ehemalige verrostete Industriehafen-Anlagen, ja eigentlich nur massive Anlegestellen bei denen die Poller so weit auseinander liegen, dass unsere Leinen dafür nicht ausreichen. 1430 beginnender Regen; wir legen rasch ab. 1530 Ankunft Stolpe.

8terwasserToller neuer Sportboothafen. Es ist etwas schwierig festzumachen, da die Boxen zu kurz sind und daher der Zug der Leinen das Boot mit dem Bug gegen den Steg drückt. Aber mit geschicktem Anbringen der Fender am Bug geht das. In der Ortschaft befindet sich ein altes Gut. Der Besitzer ist 1944 in den Westen gegangen und erst 1994 zurückgekehrt. Er hat den Gutshof zu einem 5 Sterne-Hotel ausgebaut Auch der Stolper Fährkrug gehört dem Gutsbesitzer. Wir haben dort gut gegessen. Räuberrommè. 2015 bei Abendsonne ins Bett.

· Sonntag 21. Mai 2000.Sonnenschein 15°C. In der Nacht war es ziemlich kalt. Nach „Reinschiff“ und gutem Frühstück mit Ei und, und… Abfahrt um 0900. Ankunft Anklam 1045. Hafen voll, legen an einem Fischkutter an. Gespräch mit dem Hafenmeister: Sehr freundlich, aber er erklärt uns, dass es einige Wracks im Peene-Strom gibt, die in den Wasserkarten nicht eingezeichnet sind. Außerdem gibt es einige Brückenpfeilerreste, die knapp unter der Wasseroberfläche liegen und auch nicht eingezeichnet sind. Daher dort mehr steuerbord halten und da mehr backbord. Na, fein!!! 1120 im Peene-Strom. Bewölkt 22°C, aber trotzdem kühl. Die Wasserkarte ist mehr als dürftig und teilweise falsch. Anleger, die eingezeichnet sind existieren nicht. Wracks, die nicht eingezeichnet sind, schauen aus dem Wasser raus. Wir fahren bis in die Nähe des Achterwassers, beschließen aber dann umzudrehen und sind um 1300 wieder in Anklam. Anlegen bei der Eisenbahnklappbrücke. Ein Anlegemanöver von ganz besonderer Güte. Mit einem nur 5m langem LKW wäre dort niemand hineingekommen, aber wir mit unserm 9m Boot doch. Dazu gehört schon ein eingespieltes Team. Und alles ohne die geringste Aufregung. Herrliches Mittagessen (Naturschnitzel mit Nudeln und Salat). Brücke wird geöffnet. Abfahrt 1515 Uhr. Ankunft Stolpe 1700. Abends Butterbrot mit Rollmops und nachher Palatschinken. Regenschauer mit Hagel. Nachtruhe 2005.

· Montag 22. Mai 2000. 0915 Frühstück. 15°C. Regen. Heizung funktioniert prima. 0945 Abfahrt bei Regen. Eva macht Küche und Innenschiff sauber. 1230 Ankunft in Jarmen. Spaziergang. Es gibt keine Ansichtskarten. Na ja. Kein Fremdenverkehr, daher benötigt auch niemand Ansichtskarten. Man spürt hier überall noch die Nachwirkungen der DDR. Mittagessen an Bord: Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat. Mittagspause bis 1515. Etwas schöneres Wetter und Sonnenschein. 1630 Anlegen in Alt-Plestin. Schöner neuer Hafen. Sonnenschein. Nach kleinem Spaziergang laden wir den Hafenmeister (ein Original) an Bord ein und plaudern mit ihm bei einem Gläschen Wein an Deck bis 1915. Seine Meinung über Politik und Arbeitssituation war sehr interessant.

· Dienstag 23. Mai 2000: 0815 Sonnenschein 14°C. Frühstück mit Ei und Lachs. 0930 Abfahrt. Wir sitzen auf der Flying Bridge und wollen braun werden. Drehbrücke in Loitz 29 Minuten warten. Durchfahrt und Pause nach der Brücke. Größerer Spaziergang. Wir suchen Ansichtskarten. Gibt es nicht, nur Weihnachts- oder Osterwünsche. Wir tuckern gemütlich weiter bis zur aufgelassenen Querseilfähre bei Pensin (km 41). Die ist wirklich nur mehr ein Rosthaufen. Sie soll aber in einigen Tagen auf den Kummerower-See als Basis zum Abfeuern eines Feuerwerkes gebracht werden. Lange Pause, sitzen am Oberdeck in der Sonne. Dann Weiterfahrt nach Demmin. Einkaufsbummel: Hier gibt es endlich Ansichtskarten. 14 geschrieben und ins Postkastl geworfen. 1730 Brücke offen. Wir machen vor einem Ausflugsdampfer fest. Abendessen mit Hans-Werner und Roswitha im Restaurant zum Speicher. Sehr gut. Diesmal zahlen wir. 2030 Nachtruhe.

· Mittwoch 24.Mai 2000. Leichtes Nieseln. Frühstück wie immer voll super. 1000 unsere Freunde kommen an Bord und wir fahren nach Trittelwitz 1100 Uhr. Thorsten kommt mit Griller. Gegrillt wird bei leichtem Regenam Steg. Sabine kommt mit Anna. Essen an Bord. Sekt von Thorsten. Kleine Rundfahrt mit allen. Thorsten als Steuermann. 1520 Abschied von allen. 1630 Ankunft Aalbude (Hafen am Nordende des Kummerower-Sees). Ausruhen vom heutigen Tag. Frühe Bettruhe.

· Donnerstag 25.Mai 2000: 0745 starker Regen. Evi zaubert wieder unser fulminantes Frühstück. Nachher Abfahrt. Es klart auf. Der Länge nach durch den Kummerower-See. Tonnen in der Wasserkarte eingezeichnet aber nicht vorhanden. Wir hängen beide an den Feldstechern bis wir endlich eine finden, die aber falsch benummert ist. Aber die Richtung stimmt. Fixpunkte am Ufer erkennbar. Erreichen die Einfahrt in die West-Peene. Ankunft Malchin 1130. Stadtbild noch immer DDR-mäßig. Mittagessen an Bord: Palatschinken. Sonne 24°C. 1300 Abfahrt nach Kummerow. Auch wieder schwer zu finden, weil keine Schifffahrtszeichen vorhanden. Keine Menschenseele zu sehen. Trostlos. Gewitterwand zieht auf. Sturm kommt auf. Wir müssen quer zum Wellengang ans andere Ufer. Boot kragt bis zu 35° nach backbord und steuerbord und stampft wie ein störrisches Pferd. Evi will auf die Flying Bridge um besser nach den Einfahrtstonnen bzw. den Gefahrentonnen beim Steinriff ausschauen zu können. Geht aber nicht. Sie kann sich oben nicht halten. Sie kommt wieder zum Steuerstand und versucht auf dem hohen Drehhocker mit dem Fernglas etwas zu finden. Dabei fällt sie fast mit dem Hocker um. Außerdem regnet es. Der Scheibenwischer reicht nicht aus. Wir müssen das mittlere Fenster leicht öffnen, dass man wenigsten unten, durch einen kleinen Schlitz, besser sehen kann. Endlich die Einfahrt nach Neukalen gesichtet und um 1530 an der Basis angelegt. Reparatur Echolot (siehe Anfang). Gewitter. Abendessen: Kotelett mit Semmelknödel und Salat. Auto aus der Garage geholt und begonnen zu packen. Sehr windig.

· Freitag 26. Mai 2000: 0700 wecken. Sonne, kühl. Fertigpacken. Auto einräumen. Abfahrt 0915. 1130 Ankunft Potsdam. Schloss Sanssouci. Massenhaft Leute. Teilweise sonnig. Weiterfahrt Richtung Hof. Wieder Stau an der gleichen Stelle wie vor zwei Jahren, aber nicht so lange. Noch zu früh und auch nicht müde. Weiter Richtung Weiden. Noch immer zu früh. Weiter Richtung Regensburg. Ankunft 1730.. Bei zweitem Versuch Hotel Karmeliten im Stadtkern gefunden. Leider viel zu heiße Decken. Spaziergang. Essen im ?????? (auch irgend ein heiliger Name; gleichzeitig Brauerei). Gegrillte Stelze (hahaha!!!!!!) und Spanferkel (Saft macht fest Reklame für Maggi). Arger Straßenlärm in der Nacht und auch zeitig am Morgen.

· Samstag 27. Mai 2000. Nachts Regen. Beide nicht gut geschlafen. 0800 gutes Frühstücksbuffet. Abfahrt 0900 bei zaghaftem Sonnenschein. 1230 Mittagsessen bei Rosenberger in St. Pölten. (Backhuhn im Körberl. Bier!!!!!!) Sonne 29°C. Ankunft Wien 1420. 31 °C.

Resümee:

Es ist bedauerlich, was die DDR-Führung aus dem schönen Land und seinen freundlichen und netten Menschen gemacht hat. Die Angst vor den Oberen ist noch immer zu spüren.

Städte und Dörfer: Der Osten ist noch immer erkennbar

Das Boot: Tjonger (so hieß es)

Positiv: Leicht zu steuern. Hochseetüchtig

Für zwei (max. 3) Personen geeignet (Laut Prospekt für 6)

Negativ: Keine Hängeschränke

Viele Stufen vom Bug nach achtern

Kragt nach Backbord

Echolot und Kompass funktioniert nicht.

Der Bootseigner und seine Mitarbeiter müssen in Bezug auf  Kundenbetreuung und Prospektwahrheit noch sehr viel lernen.

Trotzdem: Mieten Sie ein Hausboot und SHIP AHOI

Februar 6th, 2009 von