Interview mit einem Chaosmagier 3 – Der IOT

Frater .717. im Interview

Niederschrift eines Gesprächs  (2002)

IOT

F: Im ersten Teil deines Handbuchs der Chaosmagie gibt es einen Abriss über die Strömungen die den IOT beeinflusst haben, aber vielleicht kannst du ein paar Worte zum Ursprung und zur Geschichte des Ordens international und national sagen?

A: Bereits Ende der siebziger Jahre gab es in England einige lose formierte Gruppen um Pete Carroll, die sich mit Chaosmagie beschäftigten, doch erst 1986 nahm der Gedanke des IOTs als magischer Un-Orden, als Gruppierung mit einer Minimalstruktur tatsächlich Formen an. In einem alten Schloss in Niederösterreich wurde IOT dann auch formal begründet.

Wenn wir die Geschichte betrachten, so stellen wir fest, dass alle magischen und mystischen Organisationen Hierarchie dazu benutzten, um Kompetenzdruck auf alle auszuüben, die innerhalb der Gesamthierarchie arbeiteten. Und doch beruhte die Meisterschaft innerhalb dieser Organisationen häufig eher auf fragwürdigen Behauptungen der Autorisation durch verborgene Quellen als auf realen technischen Leistungen. Die meisten Organisationen ließen nur positives Feedback von unten zu. Das führt dazu, dass die Leute an der Spitze dazu verdammt sind, sich in trügerischen Widerspiegelungen ihrer eigenen Erwartungen zu sonnen, um daraufhin noch ungeeignetere Direktiven zu erlassen.

Die Struktur des Pakts löst diese traditionellen Probleme. Innerhalb der Tempel des Pakts werden alle Mitglieder dazu ermuntert, Techniken und Konzepte für Experimente und Bewertungskriterien einzubringen, während die Gradstruktur lediglich magietechnische Kompetenz und organisatorische Verantwortung anerkennt.

So war´s gedacht und vereinbart. Ein Haufen völlig unterschiedlicher Individualisten aus verschiedenen Ländern begann nun gemeinsam am großen Werk zu arbeiten. Der Pakt war geboren. Es überstieg einige Zeit wirklich alle unsere Erwartungen. Sowohl die magischen Fortschritte und Erfolge, als auch das konstruktive Miteinander waren überwältigend. Vielleicht wurden wir gerade deshalb unvorsichtig. Der Pakt wuchs, Zuständigkeitsbereiche für Organisatoren und Gradhöhere weiteten sich schnell aus. Bald mussten wir feststellen, dass auch wir nicht vor Machtspielchen und Intrigen einzelner Mitglieder gefeit waren. Plötzlich steckte der IOT mitten in der Pubertätskrise. Hier wurde viel Energie für unnütze und eben sehr pubertäre Dinge verschwendet, ich schließe mich dabei gar nicht aus. Aus dieser Zeit stammen auch die meisten Gerüchte und Geschichten über Streit, Ausschluss und magische Kriege.

Glücklicherweise lösten sich die Probleme dann relativ schnell. Österreich erklärte sich für unabhängig und gleichzeitig ebenso alle Tempel innerhalb des Landes. Kurz darauf schlossen sich viele andere an und führten weitere Reformen durch. Diejenigen, die weiterhin versuchten sich „an ihre Macht zu klammern“ blieben auf der Strecke. So hat sich der Pakt damals gesundgeschrumpft.

Von nun an ging´s jedoch bergauf, wobei wir uns noch strenger an die Devise: Qualität statt Quantität hielten. Die letzten Jahre haben bewiesen, dass diese Minimalstruktur für uns brauchbar ist und effizientes Arbeiten ermöglicht.

Heute haben wir Mitglieder in Österreich, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Dänemark, Schweden, England, Italien, Rumänien, Bulgarien, USA, Brasilien, Malaysien, Australien, Japan, …

Die Mitglieder arbeiten großteils in kleinen und größeren Tempeln und Arbeitsgruppen. Sie kommunizieren und tauschen Ideen und Erfahrungen via verschiedener Newsletter, einer internen Newsgroup und E-Mail aus. Während des Jahres finden Treffen verschiedener Tempel statt und in vielen Ländern werden ein bis zwei Mal pro Jahr mehrtägige nationale Treffen abgehalten.

Die Krönung des Jahres ist aber immer noch das große jährliche AGM (Annual Grand Meeting) Pakttreffen, das jeweils von einer anderen Sektion (Land) veranstaltet wird. Es findet jeweils im Anschluss an des bereits traditionelle jährliche Sommerseminar statt und wird von Mitgliedern des IOT oder/und anderen ChaosmagierInnen abgehalten. So stellt es auch eine großartige Möglichkeit für Interessenten dar, ein Wenig von der praktischen Seite unserer Arbeit kennen zu lernen.

F: Was ist das Besondere am I.O.T, das andere Orden nicht haben?

A: Wir haben das Chaos! (lacht)

Das Besondere am IOT ist das Ausbrechen aus den klassischen Strukturen. Dadurch wird erstmals die Verantwortung jedem Mitglied zu 100% rückdelegiert. Das schreckt viele ab, wenn sie begreifen was das bedeutet. (grinst)

„Wir haben die schönsten Frauen!“ sagte einmal Phil Hine in einem Interview mit einem englischen Reporter. ….und wir haben sicher den meisten Spaß.

Juli 24th, 2009 von