Hausboot fahren – ein Virus?

Den ersten Teil dieses Logbuchs über Hausbootfahren in England gibt es hier!
1400 Datchet Stützpunkt. Kühlschrank wird repariert; er kühlt zu wenig. Mittagessen. Kleiner Einkauf im Ort.

1500 Abfahrt

1515 Ankunft Windsor, Anlegen am linken Ufer gleich oberhalb der Fußgängerbrücke. Besuch des Schlosses. Wenn die Königin dort wirklich manchmal wohnt, muss das Schloss tolle Schallschutzfenster haben. Windsor liegt genau unter der Abflugschneise. Gestoppt: Alle 28 Sekunden ein Flugzeug. Und die Concord macht nicht weniger Lärm als ein mittlerer Weltuntergang und die Verstärker von Michel Jackson zum Quadrat. Wir flüchten bald.

1845 Ruhigen Anlegeplatz im Grünen (Meile 26,5) nach passieren der Boverney Lock gefunden. Die Füße tun noch immer weh! 20° C. Es beginnt zu regnen.

Mittwoch 0715 Bis 0300 Früh war starker Regen. Jetzt nur Nebel. Da der Kühlschrank noch immer Manderln macht, fahren wir zur Bray Marina (0800 Uhr) und rufen die Basis an. Wir sind noch beim Frühstück (0850), da ist der Monteur mit einem generalüberholten Kühlschrank hier.

0945 Abfahrt. Zwischen Cookham Lock und Marlow Lock tuckern wir durch eine beschauliche, grüne Flusslandschaft.

1230 Anlegen in Marlow. Einkauf. 20° C. Die Sonne ist wieder da. Weiter geht es. Wir wollen ohne allzu viele Pausen nach Oxford, damit wir am Retourweg uns möglichst viel Zeit lassen können.

1530 Die Regattastrecke von Henley on Thames Eine wunderschöne, noble Stadt. Früher fanden hier die Rennen Oxford gegen Cambridge statt. Es gibt übrigens fast überall an der Themse Ruderboote ( Renn-einer, Zweier, Vierer und sogar Achter – meist von Schulen), die dann immer am frühen Morgen unser Boot zum Schaukeln bringen und uns wecken.

1620 Nach einer Fahrt durch eine wunderbare Landschaft begleitet von Wildenten, Schwänen und Haubentauchern mit ihren putzigen Jungen legen wir an einem romantischen idyllischen Ort (Meile 48) an. Völlig unseemännisch, mit dem Bug stromabwärts. Aber erstens gibt es fast keine Strömung und zweitens wollen wir uns am Bootsheck in die Sonne legen. Die schnatternde und quakende Begleitung schart sich um unser Zuhause und bettelt um Brot. Mit Erfolg! Morgen Früh werden sie uns sicher mit ihrem Getrappel und Geschnatter wecken. Wir sind so faul und zufrieden, dass wir beschließen über Nacht hier zu bleiben und nicht in ein Restaurant essen zu gehen.

1800 Noch 28° C. Nach Reinschiff innen und außen, stellen wir uns unter unsere WC-Waschmuschel-Duschkombination. Achtung! Zuerst alles ausräumen. Das Saubermachen geht dann relativ schnell. Als das sauberste Paar in dieser Gegend verspeisen wir mit Genuss während eines heftigen Gewitters Dillsauce mit Nockerln und Frankfurter. Eva zaubert so etwas in Kürze her. Auch der alte, neue Kühlschrank will nicht so richtig. Wir geben ihm noch eine Chance bis morgen früh.

Donnerstag 0715 Regen, 15°C. Wir fahren ohne Frühstück nach Val Wyatt Marine um bei Ship Yard die Basis wegen des Kühlschrankes anzurufen. Gemütliches Frühstück und um Punkt

0930 ist der Chef persönlich mit ganz neuem Kühlschrank da. Tausend wirklich aufrichtig gemeinte Entschuldigungen und Wünsche für eine gute Fahrt.

1000 Shiplake Lock vorbei an einer großen Zeltstadt. Bewölkt, kühl; wir genießen es leicht bekleidet mit eingeschalteter Heizung dahinzutuckern.

1110 Vor Reading links (also am rechten Flussufer) ist ein großer Supermarkt mit einer wunderbaren Mooring-Gelegenheit. Da werden wir uns am Rückweg versorgen.

1230 20 Minuten Wartezeit bei Mapledurham Lock. Es ist gar nicht so leicht 5 Boote in einer etwas engen Schleuse zu schlichten.

1335 Anlegen im Naturschutzgebiet zum Mittagessen. Knoblauchsuppe und Wurstnudeln.

1415 Weiter geht es! Das Wetter ist momentan nicht besonders freundlich, daher wollen wir heute möglichst weit fahren.

1505 Cleefe Lock: Sonne und blauer Himmel. Eigentlich hatten wir vorwiegend immer schönes Wetter. Der Kühlschrank funktioniert bestens.

1845 Schöner Anlege- und Übernachtungsplatz in Abingdon mitten in der Altstadt am Kai gefunden. Bei einem Rundgang und einem Kirchenbesuch konnten wir bei einer “Probetrauung” zusehen. Für das Brautpaar und die Angehörigen ein riesen Spaß. Abendessen in einem Pub (Restaurant) direkt an der Brücke. Fish and Chips, Gammon Steak, Apple pie with custard. Entgegen aller Erwartungen war es hervorragend. Nun kennen wir uns mit den Gepflogenheiten in einem Pub bereits aus.

Freitag 0900 In der Nacht hat es geregnet. Es ist herrlich zu schlafen, wenn der Regen auf das Dach trommelt. Nun beginnt es aufzuklaren. 17° C. In meinem besten Englisch (Ich habe mir vorher nach Rücksprache mit Eva genau überlegt was ich sagen werde) versuche ich von einem Herrn des Nachbarbootes zu erfahren, wo man hier für das “Mooren” zahlen kann. Da er den Kopf schüttelt und mich fragend ansieht, versuche ich es noch einige Male mit anderen, aber offensichtlich wieder nicht verstandenen Worten. Doch dann nimmt unser Nachbar sich ein Herz und sagt mir: “Ich nix verstehen, ich aus Düsseldorf”. Großes Gelächter. Da auch er nicht weiß, wo man zahlen kann, haben wir England um 3,50 Pfund “Mooring Fee” geprellt.

0915 Abingdon Lock. Wasser bunkern.

1030 Iffley Lock. Die letzte Schleuse vor Oxford. Die Heizung ist herrlich. Kurze Ärmeln und trotzdem mit offenem Schiebedach.

1100 Oxford. Wir sehen uns die “Ortschaft” (so sieht es vom Fluss aus) vom Boot aus an und fahren bis zur Ossney Lock. Dort winkt der Schleusenwärter gleich ab. Mit unserem großen Boot (Lady Keeleigh ist zu hoch) dürfen wir nicht weiter fahren.

1130 Schönen Anlegeplatz am rechten Themseufer unterhalb der Brücke gefunden. Wir bummeln durch Oxford ( jetzt sieht es gar nicht mehr nach einer kleinen Ortschaft aus), gehen Essen (alles mit viel Essig) und machen eine Stadtrundfahrt (das Ticket gilt den ganzen Tag). Eine tolle Universitätsstadt. Es müssen gerade Graduierungen stattgefunden haben. Viele Burschen und Mädchen tragen stolz, durch besondere Kleidung und Hut gekennzeichnet, ihren Studienabschluss zur Schau. Einkauf im Supermarkt. Jause mit Kaffee und Süßigkeiten an Bord. Wir beobachten die Trainingsfahrten für die Regatta. Manche Schwäne sind so zahm, dass Sie an Land klettern, aus der Hand fressen und sich streicheln lassen. Nochmalige Stadtrundfahrt. Wir steigen zwischendurch immer wieder aus und sehen uns alles an. Zurück an Bord. Abendessen (Eva hat gezaubert: Hühnerbrust in Pfeffersauce, Semmelknödel und Salat).

Samstag 1000 Nochmals kleiner Stadtbummel. Sonne 23° C.

1145 Ablegen. Wir fahren mit 1000 U / min langsam dahin. Irgendwo Pause, Mittagsschläfchen, wir spielen Rommè.

1600 Ab Richtung Abingdon.

1700 Wasser bunkern vor Abingdon Lock und nach der Schleuse wieder am bewährten Anlegeplatz mitten in der Altstadt am rechten Ufer festgemacht. Es ist wieder etwas kühl, Pullover anziehen und Spaziergang. Wir entdecken ein großes überdachtes Einkaufszentrum. Abendessen wieder an der Brücke in der Mühle. Eva: Mexican Chili (gut), Ich: Lamb Chops mit Pommes, Erbsen und Pfeffermintsauce (einmal wollte ich Lammfleisch mit Pfeffermintsauce in England noch probieren, aber es war sicher das letzte Mal. Man muss vorausschicken, dass ich vor Jahren auf Einladung eines Elektonikkonzerns einige Tage in England verbracht habe und dass uns dabei bei einem Dinner Lammfleisch mit Pfeffermintsauce serviert wurde. Und das war für meinen Gaumen entsetzlich). Mooringgebührzettel am Boot. Wir werden morgen bezahlen. Eingeheizt. Rommè.

Sonntag 0815 Sonne 16° C. Duschen und nochmals durch Abingdon Lock um Wasser nachzubunkern und Mooringgebühr bei Tennisplatzwart zu bezahlen. Die Gebühr für Donnerstag-Freitag wurde nicht angenommen.

1015 Abfahrt

1130 Clifton Hampton. Interessante strohgedeckte Häuser

1500 Day´s Lock. Wir legen direkt oberhalb der Schleuse an und machen einen Spaziergang auf den Castle Hill. Unter uns liegt eine verträumte Landschaft. Es ist bewölkt und sehr kühl. Wir beobachten eine Familie (7 Personen), die aus einem Einfamilienhaus mit Garten kommend mit Campingtisch, Campingsesseln, Kühltasche und Picknickkorb bewaffnet an uns vorbeiziehen. Am Rückweg finden wir diese Gruppe 600 m von ihrem Haus entfernt am Ufer der Themse sitzend um dort ihr Picknick einzunehmen. Warum einfach, wenn es umständlich auch geht.

1700 Die Sonne ist wieder da. Wir liegen in der Sonne und beschließen hier zu bleiben und zu übernachten. Es war ein sehr geruhsamer Tag.

Montag 0900 Es war eine traumhaft ruhige Nacht. Das Wasserrauschen am Wehr war ein herrliches “Gute Nacht – Lied”. Bei der Schleuse kommt ein junger Mann auf mich zu, sagt mir etwas und reibt sich dabei die Hände. Ich kombiniere sofort haarscharf: Der sucht eine Stelle wo man duschen kann, springe in das Boot und hole meine Flusskarte, weil dort die Duschmöglichkeiten eingezeichnet sind. Nach den fragenden Blicken des jungen Mannes und dem herzlichen Gelächter Evas stellt sich heraus, dass er eigentlich nur etwas Geschirrspülmittel haben wollte. Na ja! Englisch gerade noch minus nichtgenügend.

1030 In Benson 50 l Diesel und Wasser getankt.

1630 Goren. Spaziergang. Kaltes Nachtmahl. Regen. Rommè.

Dienstag 0815 Bewölkt, 14° C.

1130 Reading Einkauf Tesco Supermarkt (Meile 55 von Teddington), zurück zu Meile 56. Besichtigung von Reading. Faulenzen in der Sonne. Abendessen im Holiday Inn Hotel neben der Caversham Bridge. Sehr gut. Zurück zum Übernachten (Meile 56).

Mittwoch 0815 Bewölkt, 15° C. In der Nacht hat es wieder geregnet. Vor Shiplake Lock Wasser gebunkert. Vor Henley on Thames vornehmes Wohnviertel. Hier steht eine Prachtvilla neben der anderen.

1130 Henley on Thames, Stadtbesichtigung, Regatta-Hochburg,

1545 Einsamen Anlegeplatz (Meile 44,5) gefunden. Regenschauer, Sonne, stürmisch, dann wieder ruhiger Abend. Ab 0415 schüttet es, was das Zeug hält.

Donnerstag 0915 Wir können ohne Regen ablegen und versuchen dem Regen davonzufahren.

1000 Temple Lock Regen

1100 Marlow Lock Regen aber schwächer. Wir treffen Österreicher, die auch bei Hausboot-Böckl gebucht haben.

1530 Maidenhead dzt, kein Regen. Stadtbummel. Kälte und ein neuer Wolkenbruch treibt uns in einen Supermarkt. Glücklicherweise! Sonst hätten wir nie den köstlichen schottischen, geräucherten Lachs entdeckt, den wir am Abend mit Genuss verzehren.

Freitag 0815 Sonnenschein 14° C. Nach Frühstück (wieder der köstliche Lachs dabei) ablegen.

1100 Windsor. 1700° C. Bewölkt, manchmal auch einige Spritzer. Rundgang durch Eton. 10 – 18jährige Schüler, die sich ihrer elitären Berufung bewusst sind, alle im Cut mit weißem Hemd und Schleife. Nur vom Schuhe putzen scheint man nicht viel zu halten. Nochmals kurzer Rundgang durch Windsor, entzückenden Kilt für Eva gesehen (und??? – richtig!!! – gekauft) und Lachsvorräte stark aufgestockt.

1600 Durch die letzte Schleuse, nach der Eisenbahnbrücke Mooring mit Blick auf das Schloss Windsor. Regen, windig, kühl, kurzes Nachmittagsschläfchen.

1920 Ablegen

2000 Ankunft in Datchet bei Sonne. 14 wunderschöne Tage gehen zu Ende.

Samstag 0715 Tagwache. Frühstück, Einpacken, Reinschiff. Übergabe des Bootes. Mit Radio – Car zum Flugplatz und Heimflug.

Und es wird uns niemand glauben, aber 14 Tage nach der Rückkehr haben wir uns bei Hausboot – Böckl bereits Wasserkarten vom Caledonian Canal besorgt. Es gibt es ihn wirklich – den Hausbootvirus.

Februar 5th, 2009 von