Die Stiftung „Eterna primavera“

Das Strandgebiet „Isla de Monterrico“ in Guatemala, war bis vor 50 Jahren fast ausschliesslich von wenigen Fischern und Landarbeitern und ihren Familien bewohnt. Sie kamen hauptsächlich aus den Nachbargemeinden jenseits des Kanals von Chiquimulilla oder aus dem nahen El Salvador. eternaprimavera In einfachen Palmenhütten lebten sie dort vom Fischfang und einer einfachen Landwirtschaft. Die traditionell in der Region ansässige Xinca-Gemeinschaft hat sich in den meisten Fällen mit Ladinos vermischt, so dass heute sichtbare Traditionen, wie etwa Trachten oder Rituale, kaum wahrgenommen werden können. Seit den 60er Jahren haben wohlhabende Hauptstädter aus der guatemaltekischen Mittel- und Oberschicht damit begonnen, Land am Meer zu erwerben und sogenannte Sommerhäuser zu errichten. Zur gleichen Zeit gab es erste einfache Hotels zunächst für einheimische, in den 70er Jahren dann auch für sogenannte Rucksacktouristen, die sich für die rustikale Schönheit des menschenleeren Vulkanstrandes von Monterrico interessierten, obwohl der Zugang lange Zeit nur mit Booten und über eine höchst unbequeme Terrasseriestrasse möglich war.

monterrico_guatemalaAls 1996 die erste Strasse von Iztapa bis Monterrico asphaltiert wurde, erhöhte sich schlagartig das Interesse. Es wurde mehr investiert und es kamen neue Sommerhäuser und Hotels mit verbesserter Infrastruktur hinzu. Ab dem Jahr 2000 entwickelte sich Monterrico definitiv zu einem national und international beachteten Tourismusreiseziel mit heute über 30 Hotels und ebenso vielen Restaurants, Lebensmittel- und Kleiderläden, einer Bank, einer katholischen und mehreren evangelischen Kirchen. Im Baugewerbe und im Tourismus gab es plötzlich eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten für die einheimische Bevölkerung, für die sie allerdings bis heute über keinerlei Grundausbildung verfügt.

1996 wurde das Gebiet um Monterrico herum zudem zu einem nationalen Naturreservat erklärt. Dies vor allem um der drohenden Abholzung der Mangrovenwälder durch Übernutzung entgegenzuwirken. Ein unter der Leitung der staatlichen Universität San Carlos stehendes Studien- und Besucherzentrum, CECON, wurde eingerichtet. Ein von der EU unterstützter Masterplan (2001-2005) zur Regulierung der Zone wurde entworfen, gedruckt und verteilt ohne ihr – aufgrund mangelnder Ressourcen und lokalpolitischem Willen – die nötige Kontrolle und Nachhaltigkeit verschaffen zu können. Bisher konnte nicht einmal der Verkauf der Schildkröteneier eingeschränkt werden, was eine Voraussetzung wäre, um eine der Hauptattraktionen auf die Dauer nicht zu verlieren.

Die touristische Attraktivität der Gegend stieg rascher als ihre infrastrukturelle Erschliessung und die Ausbildung der Bevölkerung und dies führte dazu, dass gravierende Mängel auftraten: unkontrollierte Abwässer, Produktion von Abfällen ohne ein Entsorgungskonzept, chaotische Dorfentwicklung, fehlendes Verkehrskonzept, Jugendkriminalität. Die Chancen auf eine verbesserte Lebensqualität droht zudem an der lokalen Bevölkerung vorbeizugleiten. Ohne entsprechende Ausbildung können die für den Tourismus nötigen Servicedienstleistungen von der lokalen Bevölkerung nicht erbracht werden, es sei denn, jeder Hotelbesitzer und jeder Bauherr erbringe diese Ausbildungsleistung von Grund auf immer wieder selber und auf eigene Kosten. Für qualifiziertere Stellen werden deshalb oft „Auswärtige“ bevorzugt. Im Baugewerbe und in der Hotellerie, kommt es immer wieder vor, dass ganze Arbeitsteam von den Unternehmern von der Hauptstadt oder von ausbildungsmässig höher entwickelten Städten eingefahren werden. Auch die lokalen Fischer können, aufgrund einer sehr rudimentären Fangmethode und ungenügender Arbeitsdisziplin, wenig von der gestiegenen Nachfrage profitieren, die oft ebenfalls durch auswärtige Anbieter gedeckt wird. Und nochmals dasselbe Bild ergibt sich im Bereich der Souvenirs, welche von den Touristen gerne gekauft, die aber von der einheimischen Bevölkerung kaum angeboten werden. Eher reagieren Souvenirverkäufer aus El Salvador oder aus dem guatemaltekischen Hochland auf diese Chance als die Einheimischen, für welche sich daraus ein nützliches Einkommen generieren liesse.

Der Mangel an qualifizierten Ausbildungsmöglichkeiten hat dazu geführt, dass die lokale Bevölkerung trotz gesteigerter ökonomischer Entwicklung in der Region weiterhin ein armseliges Leben führt und dass zwischen den touristischen Kleinunternehmern, die oft zu Unrecht abschätzig als „die Ausländer“ oder „die Reichen“ betitelt werden, und der lokalen Bevölkerung ein Klima der gegenseitigen Ablehnung entstanden ist. Auch besteht weiterhin Abwanderung in die Hauptstadt oder umliegende grössere Gemeinden, obwohl dies aufgrund der ökonomischen Entwicklung absolut nicht notwendig wäre.

Um eine nachhaltige Entwicklung zu garantieren und ein besseres Einvernehmen zwischen der lokalen Bevölkerung und den zugezogenen Unternehmern zu ermöglichen, ist es daher erforderlich, mit geeigneten Bildungsprogrammen, sozialen und kulturellen Integrationsprojekten, Verbesserung der Infrastruktur in Sachen Wasser, Abwasser, Strassen, Verkehr und einer angepassten Delinquenzpräventions- und Gesundheitsförderungspolitik den allgemeinen Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern und ein gezieltes Miteinander von Investoren, Unternehmer und Kleingewerbetreibende einerseits und der übrigen Bevölkerung andererseits zu erreichen.

Die Stiftung

„Eterna Primavera“ FUNDEP

will diese Veränderungen zusammen mit andern lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft und den Gemeindebehörden an die Hand nehmen, solange es noch Zeit ist. Beispiele aus Mexiko und andern sich schnell entwickelnden Tourismusstätten haben gezeigt, dass sich ohne diesen begleitenden und ausgleichenden Aufwand eine an sich erfreuliche ökonomische Entwicklung zusehends in etwas Nachteiliges verwandeln kann. Vor allem auch dann, wenn dabei die Natur zu Schaden kommt, auf der, zumindest in Monterrico, das Entwicklungspotential der ganzen Region beruht.

Lic. Thomas Robert Stutzer

März 13th, 2010 von