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Als alte (im doppelten Sinne des Wortes) Hausbootfahrer – Wir (meine Frau und ich) waren im Vorjahr eine Woche in Friesland – war die Planung dieses Erlebnisses auf der Themse schon etwas einfacher.

Was wollen wir uns ansehen? Wir wollten sowohl in Friesland als auch in England Land und Leute kennen lernen. Daher auch unsere Überlegungen zur Kleidung (siehe später). Unser Wunsch war es auch wieder einige Tage London anzusehen und je nach Wetter vorher oder nachher die Themse bis Oxford hinauf zu befahren.

AbingdonBoot: Lady Keeleigh von Kris Cruisers

Die Wahl des Bootes: Es sieht ungeheuer flott und sportlich aus ein Boot von der Flying Bridge aus zu steuern. Man hat auch eine viel bessere Übersicht und sitzt bei schönem Wetter in der Sonne, wird braun und kann alles herrlich genießen. Doch wehe, wenn das Wetter nicht mitspielt. Da helfen dann nur “Friesennerz” (Regenbekleidung) und Pullover, denn trotz Cabriodach – wenn man es überhaupt so rasch in die Höhe bringt – kann man ordentlich nass werden. Wir haben daher sowohl in Holland als auch auf der Themse ein Boot mit einem Steuerstand innen gewählt. Und für uns – Ich bin über Siebzig und meine Frau ist knapp sechzig – war es herrlich auch bei kühlerem Wetter oder Regen in Hemdärmeln im herrlich geheizten Boot dahinzutuckern. Eines ist auch zu berücksichtigen: Hausboote, bei denen der Steuerstand weit vorne ist sind für den Anfänger schwieriger zu steuern. Man hat den Eindruck ohnehin geradeaus zu fahren. Tatsächlich ist das Heck aber schon weit nach der Seite ausgebrochen und man kurbelt wie ein wilder um dieses “Schwanzeln” wieder auszugleichen. Mein Reitlehrer hätte vor 60 Jahren sicher gesagt: “Du reitest wie a Lampelschwaf, amoi hin und amoi her!”

Was nehmen wir mit? Da wir nicht beabsichtigten in internationalen, besseren Restaurant zu essen, genügte an Kleidung einige Hosen und Pullover. Damit kann man, wenn man sich einigermaßen benimmt, überall hinkommen. Da wir uns auch an Bord verpflegen wollten, nahm Eva – so heißt meine Frau – Suppenwürze und Gewürze, sowie in kleine Fläschchen umgefüllten Essig und Öl und etwas Mehl bereits von Wien mit. Damit ersparten wir uns den Einkauf größerer Quantitäten, die dann in zwei Wochen wieder nicht aufgebraucht werden.

Wie bereitet man sich vor? Man soll sich wirklich die Zeit nehmen die Wasserkarten lange und intensiv zu studieren. Man glaubt gar nicht, was man da alles herauslesen kann. Von Wassertiefen, Schleusen- oder Brückenöffnungszeiten, Anlegestellen, Pubs, Sehenswürdigkeiten abgesehen, kann man daraus entnehmen, dass es bei vielen Schleusen Wasser gratis gibt. Auch die ungefähren täglichen Fahrstrecken sollte man sich bereits zu Hause überlegen, damit die Rückkehr zur Basis nicht durch seine Hektik alle Freuden dieser wunderbaren Tage wieder vernichtet. Sicher ist es auch möglich all das wegzulassen und ins Blaue zu fahren, aber ich bin nun einmal eher ein “I-Tüpferl-Reiter” und so wurde halt vorausgeplant.

Doch nun unser Reisebericht bzw. unser Log-Buch:

Samstag 0800 Abflug Wien

7.Juni 1030 = 0930 (nach engl. Zeit) Ankunft London / Heathrow. Taxi nach Datchet 10 Pfund – Achtung Radio-Car bestellen, für die gleiche Strecke hat ein Bayer bei der Fahrt mit einem Stadt-Taxi 40 Pfund bezahlt!!! Gepäck am Stützpunkt deponiert, Stadtbummel durch Datchet und Einkauf von Lebensmitteln und Getränken.

1330 Bootsübernahme, Einrichten des Bootes und nach genauer Erklärung aller technischen und “Kitchen”-Besonderheiten sowie einer kurzen Probefahrt (wir sind ja schon erfahrene Seeleute) um

1500 Abfahrt Richtung London.

1537 Erste Schleuse (Old Windsor Lock). Es geht gar nicht so schlecht. Möglichst weit nach vorne fahren. Meine Frau macht vorne fest. Ich werfe dem Schleusenwärter (Die Bezeichnung passt eigentlich nicht! Er trägt zur dunkelblauen Hose ein weißes Hemd mit Krawatte) die Achterleinen zu. Er hilft gerne. Erst dann, aber nicht darauf vergessen, Motor abstellen. Warum soll der Schleusenwärter den ganzen Tag Dieselqualm in der Nase haben. Beim Entleeren (flussabwärts) und Befüllen (flussaufwärts) der Schleuse entstehen nun oft starke Turbulenzen. Daher ist es notwendig das Boot einerseits festzuhalten bzw. die Leinen zu verlängern oder zu verkürzen, je nachdem ob es eben flussabwärts oder flussaufwärts geht. Aber das merkt man sich nach den ersten Adrenalinstößen. Motor starten, Leinen los und auf geht´s durch das nunmehr offene Schleusentor. Der Schleusenwärter hat noch ein freundliches Winken und good bye für uns. Wetter: Sonne, Wolken, hie und da ein kurzer Regen, dann aber wieder Sonne.

1630 Bell weir Lock

1700 Penton Hook Lock. Nach der Schleuse fährt vor uns ein Boot mit zwei Polizisten. Wir wurden bereits am Stützpunkt bei der Einweisung gewarnt. Sie überwachen das Geschwindigkeitslimit. Wir fahren eine Weile hinter ihnen her. Unser Motor macht 1600 U/min. Als das Boot dann langsamer wird, gehen wir längsseits und fragen, ob das die zulässige Höchstgeschwindigkeit war. Ihr “Ja” passt allerdings mit der Ergänzung, es sei nur Schritt-Tempo erlaubt, nicht zusammen.

1730 Chertsey Lock. Der Schleusenwärter informiert uns, dass vor der nächsten Schleuse (linkes Ufer) ein gutes Pub sein soll. Pub gesehen, es wäre auch gut zum Mooring (Anlegen). Wir fahren trotzdem weiter.

1800 Shepperton Lock

1845 Sunbury Lock

1915 Schönen Anlegeplatz (ca. Meile 6 von Teddington) gefunden. Grasanker. Vis a vis von der River Police. Hunger! Essen an Bord. Eva ist eine hervorragende Köchin und zaubert in Kürze ein warmes Nachtmahl. Außentemperatur 20° C. Wir haben ein kleines Thermometer mit Magnet von Wien mitgenommen, finden aber nirgends Metall auf dem der Magnet hält. Daher wird es mit Tixo-Band (mitnehmen!!!) befestigt.

2015 Hundemüde. Ins Bett nach 16 Stunden. Unruhiger Schlaf. Neue Geräusche. Wer klopft ans Boot? Wir schauen nach allen Seiten. Niemand zu sehen. Gegen morgen wieder das zarte Klopfen. Niemand zu sehen. Nur Wildenten.

Sonntag 0720 Tagwache- Aufstehen. Die Sonne lacht uns entgegen. Rasieren, Zähneputzen, Waschen. Eva kocht das Frühstück. Kaffee, Orangensaft, Gebäck (im Griller aufgebäht), Butter, Schinken, weiche Eier, Marmelade (echte englische Orangenmarmelade!!!!-Super). Wir schauen uns am Deck um. Na, da schaut es aus! In den Nächten bildet sich viel Tau am Boot in dem tausende von kleinsten, aber nicht stechenden Mücken kleben bleiben. Jetzt wissen wir was das Klopfen in der Nacht und am Morgen bedeutet hat. Die Mücken werden von Wildenten, Schwänen und anderen Wasservögeln von den Bordwänden gepickt. Also Reinschiff. Mit dem Ding – Wie sollen wir es nennen? Wir tauften es Wischiputzi! – und viel Wasser geht es aber sehr schnell und einfach.

0900 Abfahrt Richtung London.

0915 Molesey Lock

0930 Unmittelbar vor der Hampton Bridge ist am rechten Ufer ein herrlicher Anlegeplatz. Man braucht nur über die Straße zu gehen und ist beim Bahnhof. Alle Verkehrsmöglichkeiten für London sind in sechs Zonen eingeteilt. Hampton Court liegt noch in der Zone 6. Mit einem One day ticket (4 Pfund) kann man alle öffentlichen Verkehrsmittel (Eisenbahn, Bus, Underground) innerhalb der sechs Zonen benützen. Wir haben hier also angelegt und sind mit der Bahn nach London (Fahrzeit 20 Minuten bis Waterloo Bridge) gefahren. Bummel durch Londons Einkaufstraßen, Themse, Tower – Bridge. Regenschauer immer nur wenn wir in der U-Bahn oder irgendwo drinnen sind. Zwischendurch Chicken- Sandwich mit Salat und Mayonnaise – ohne Besteck ein Kampf mit der Mayonnaise. Gibt es in Japan noch Japaner oder sind alle hier? Sonntag ist´s. Autobusse baggern In- und Ausländer durch die Stadt.

1630 Um 3 cm kleiner. Nach Einkauf im Supermarkt unmittelbar bei der Hampton Bridge wieder zu unserem Boot zurückgekehrt. Direkt neben der Brücke wollen wir wegen des Straßenlärms nicht übernachten, daher ablegen und 300m unterhalb der Brücke am linken Ufer herrlichen Liegeplatz gefunden. Eva zaubert Abendessen: Bratwürste, Geröstete und Gurkensalat. Dazu Bier für Eva und sparkling Mineralwasser für mich.

Montag 0715 Wunderbar geschlafen. Reinschiff mit Wischiputzi. Frühstück wie immer. Anlegen bei unserem bewährten Platz neben der Hampton Bridge.

0930 Mit der Bahn nach London. Hay´s Gallery. Kreuzer HMS Belfast besichtigt. Über Lautsprecher werden Geräusche und Kommandos wirklichkeitsnahe eingeblendet und die dazugehörigen Figuren angeleuchtet. Sehr interessant! Neues Aquarium. Sehenswert! Haifische auf 20 cm Entfernung. Rochen darf man sogar streicheln und die empfinden das anscheinend als angenehm, sonst kämen sie nicht, wenn man die Hand ins Wasser hält, sofort angeschwommen. Wetter hervorragend für Stadtbummel. Harrods Kaufhaus. Vorsicht für Ehemänner! Hier wird es teuer! Doch was tut man nicht alles für sein geliebtes Weib. Aber Harrods muss man ganz einfach erlebt haben, besonders die Lebensmittelabteilungen.

1800 Um nochmals 3 cm kleiner aufs Boot zurückgekehrt. Einkauf im Supermarkt (siehe gestern). Ablegen und zum Übernachten wieder 300 m flussabwärts. Abendessen an Bord: Kümmelkotelett, Reis, Gurkensalat, Nachspeise von Harrods.

2100 Bettruhe.

Dienstag 0715 19° C, bewölkt, Zu müde für einen neuerlichen Londonbesuch.

0900 Abfahrt Richtung Datchet.

1000 Sonne, 25° C

1230 Nach Bell Weir Lock links (also am rechten Flussufer) ein wunderschön gelegenes Pub. Schöner Anlegeplatz. Also hin dort. Wir werden sehr freundlich empfangen, verstehen aber kein Wort. Für uns klingt das alles wie für einen Engländer das Deutsch aus dem Paznauntal. Meine Englischkenntnisse sind, obwohl sich mein Englischprofessor 6 Jahre sehr bemüht hat mir mehr als Yes und No beizubringen, schlichtweg gerade noch Minus-Nichtgenügend. Und Russisch (das hab ich in Sibirien lernen müssen) versteht dort kein Mensch. Evas Englisch ist da um Häuser besser. Trotzdem kann auch sie nur einen Teil davon, und den mit Hilfe der Gestik, begreifen. Wir setzen uns an einen Tisch im Freien und beobachten intensiv die Vorgänge um uns. Männer und auch Frauen gehen mit randvoll (wirklich randvoll) gefüllten Gläsern zu Tischen und setzen sich dorthin. Manche haben auch ein Fähnchen mit einer Zahl in der Hand und stellen dieses auf ihren Tisch. Servierpersonal bringt Essen, nur zu uns kommt niemand. Nach reiflicher Überlegung kommen wir zu dem Schluss unser Unterfangen abzubrechen und den Reiseführer auf die Gepflogenheiten bei der Benützung eines Pubs genauer abzuchecken. Ja zwischen Restaurant und Pub scheint doch ein Unterschied zu sein. Später sind wir dann draufgekommen, wie das funktioniert. Entweder gleich einen Tisch suchen, Tisch belegen und dann zur Theke oder zuerst zur Theke und dann mit vollem Glas einen Tisch suchen. Bei der Theke Getränk aussuchen und gleich bezahlen. Dann zum Tisch. Speisenkarte studieren, aussuchen, Tischnummer merken, zum Counter gehen, Tischnummer und Bestellung aufgeben und wieder gleich bezahlen. Doch auch das ist es nicht überall gleich. Manchmal kann man das Essen auch an der Theke bestellen und bezahlen. Am besten ist es aber, wenn Sie ganz einfach sagen, dass Sie aus Österreich kommen und sich nicht auskennen, dann hilft man Ihnen gerne und besonders freundlich weiter.

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