Analogien von Kampf und Rhetorik
Schlagfertigkeit, entspricht dem Tänzeln und Abwehren, ist also entgegen der allgemein rezipierten Wortbedeutung, eine defensive Technik. Dies gilt für das Einsetzen derselben mit einem positiven Zweck innerhalb eines zielorientierten Diskurses. Wird sie als “l’art pour l’art” eingesetzt ohne wirkliche Nötigung kann sie sehr destruktiv sein und zeugt bestenfalls von überbordendem Geltungsbedürfnis des/der Anwendenden.
Ebenenwechsel, kann sowohl offensiv wie defensiv verwendet werden, ist in der rhetorischen Auseinandersetzung wohl bedeutsamer vom finalen Nutzen her als in den Kampfeskünsten.
Logik, ist der taktisch, operative Schlachtplan, den es zu verfolgen gilt. Außerdem ist bei gerade längeren, anspruchsvollen Diskussionen die Attacke auf nicht-logische Argumentationsketten mit das effektivste Mittel zum Sieg.
Fragen, sind mithin die taktischen Manöver und als die offensive Maßnahme schlechthin zu betrachten.
QED (Was zu beweisen war….“ Die Abschlußphrase, die entweder den Gegner oder zumindest anwesende Dritte davon überzeugen soll, dass der Anwendende die Sieg in der Auseinandersetzung davon getragen hat.) oder Closing (im Verkäuferjargon), ist der Todesstoß, der Coup d’grace, die finale offensive Aktion.
Kernargument, ist der Schwerpunkt des Feindes. Erkenne das Kernargument des Feindes und greife dieses an und kümmere dich um Nebenschauplätze nur als Ablenkungsmanöver. (Zum Beispiel gebe man sich bei einem unwichtigen Nebenthema nach hinreichendem Widerstand als geschlagen, während man sich nach wie vor auf das Kernthema hin einschießt. Wichtig hierbei ist die Unterscheidung zwischen hin- und wegführendem Nebenschauplatz. Ein zum Kernargument hinführender Nebenschauplatz ist eigentlich niemals dem Feind zu überlassen, weil sich über diesen ja der logische Bogen zum Kernargument spannen muss.
Selbsterkenntnis: Wisse, wessen zu einem bestimmten Zeitpunkt X du befähigt bist. Täusche dich nicht über deine Stärken und Schwächen. Suche mit den Augen deines Feindes nach deinen Schwächen und schätze deine Stärken ab. Rhetorisch gesehen hilft hierbei nichts mehr als wiederholt die Position des Gegners einzunehmen und aus seiner Sichtweise zu argumentieren.
Fremderkenntnis: Mache dich mit deinem Gegenüber vertraut. Erst dieses Wissen kann eine rationale Offensivstrategie ermöglichen. Nur das Wissen um die Schwachpunkte des Gegners erlaubt es in die Distanz zu gehen ohne allzuviel Gefahr zu laufen, einem Konter zu erliegen. Merke: jede offensive Maßnahme – auch verbal – exponiert. Im rhetorischen Umfeld hilft uns die Verstehenstheorie (Hermeneutik) zu einem besseren Verständnis unseres Gegenüber zu gelangen. Üblicherweise werden folgende Aspekte der Vorprogrammierung des Gesprächskontrahenten als Erkenntnishilfe herangezogen:
Das handlungsleitende Interesse
Das erkenntnisleitende Interesse
Die Wertehierarchie/politische Orientierung
Das Weltbild
Das Weltwissen
Die bewusste und unbewusste Motivationsstruktur
Die Vorurteilsstruktur
Erkenne die Informationsmatrix: Wisse um das Wissen und dessen Bewertung. A und B können sich idealtypisch auf vier Art und Weisen gegenüber stehen:
A und B kennen einander nicht.
A kennt nicht B, aber B kennt A.
A und B kennen einander.
Kenne das Theater: Die sachlichen Inhalte, worüber gesprochen wird. Die Kenntnis des Terrains erlaubt es auch schwächeren Truppen, einem übermächtigen Gegner Widerstand zu leisten. Der fachlich sehr beschlagene Physiker wird von einem Journalisten „auf seinem Gebiet“ wohl kaum bloßgestellt werden können, ohne aber rhetorische Kenntnis wird aber auch kaum diesen Journalisten in seiner Unkenntnis oder Böswilligkeit darlegen können. (Wenn sich der Partisan ins freie Feld hinunterwagt, so gelten andere Gesetze, nämlich die der offenen rhetorischen Feldschlacht.)