Viele Arbeitnehmer träumen davon, ein paar Jahre früher in den Ruhestand zu gehen, um mehr Zeit für Familie, Reisen oder Hobbys zu haben. Doch „früher in Rente“ bedeutet in der Praxis: Man muss die gesetzlichen Regeln kennen, finanzielle Einbußen kalkulieren und eventuell strategisch vorsorgen.
Früher in Rente – So geht’s in Deutschland: In diesem Ratgeber erfährst du alle wichtigen Möglichkeiten, wie du vorzeitig in Rente gehen kannst – mit und ohne Abschläge.
1. Früher in Rente ohne Abschläge
In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es nur wenige Wege, tatsächlich ohne Rentenabschläge früher zu gehen.
1.1 Altersrente für besonders langjährig Versicherte
(„Rente mit 63“)
- Voraussetzung: Mindestens 45 Jahre Beitragszeit in der Deutschen Rentenversicherung.
- Beitragszeiten umfassen Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten und freiwillige Beiträge.
- Kein Abschlag: Wenn du die geforderte Versicherungszeit erfüllst, kannst du früher als das reguläre Rentenalter abschlagsfrei gehen.
- Wichtiger Hinweis: Für Jahrgänge ab 1964 liegt das frühestmögliche Alter nicht bei 63, sondern bei 65 Jahren.
1.2 Altersrente für schwerbehinderte Menschen
- Voraussetzung: Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
- Mindestens 35 Jahre Wartezeit.
- Vorteil: Bis zu zwei Jahre vor der regulären Altersgrenze abschlagsfrei möglich.
2. Früher in Rente mit Abschlägen
Wer nicht die vollen Voraussetzungen erfüllt, kann dennoch bis zu 5 Jahre vor der regulären Altersgrenze in Rente gehen – muss aber dauerhafte Abschläge hinnehmen.
- Regel: 0,3 % Abschlag pro Monat, maximal 14,4 % bei 5 Jahren Vorziehung.
- Beispiel:
- Reguläre Rente mit 67
- Frühstart mit 64 → 36 Monate × 0,3 % = 10,8 % weniger Rente lebenslang.
- Die Abschläge können durch zusätzliche Einzahlungen an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) teilweise oder komplett ausgeglichen werden.
3. Zusatzoptionen & finanzielle Überbrückung
Wer früher in den Ruhestand will, muss oft die Rentenlücke bis zum regulären Rentenbeginn schließen. Das geht auf verschiedene Arten:
3.1 Einmalzahlungen in die DRV
- Ab dem 50. Lebensjahr kannst du freiwillige Beiträge leisten, um Abschläge auszugleichen.
- Die DRV erstellt eine Prognoseberechnung, wie viel nötig ist.
3.2 Altersteilzeit
- Im Blockmodell arbeitest du zunächst Vollzeit (Ansparphase) und wirst danach freigestellt (Freistellungsphase).
- Während der Freistellung zahlt der Arbeitgeber weiterhin Beiträge in die Rentenversicherung.
3.3 Betriebliche Altersvorsorge
- Manche Betriebsrenten lassen sich früher abrufen.
- Achtung: Oft gelten eigene Regeln zu Abschlägen.
3.4 Private Vorsorge
- ETF-Depot, Rürup- oder Riester-Rente oder private Rentenversicherung können helfen, die Lücke zu schließen.
- Flexible Auszahlungsmodelle ermöglichen einen gleitenden Übergang in die Rente.
4. Besondere Lebenssituationen nutzen
4.1 Schwerbehinderung
- Neben der bereits genannten abschlagsfreien Variante können Schwerbehinderte auch mit Abschlägen noch früher gehen.
- Tipp: Eventuell lohnt es sich, einen Antrag auf Feststellung des GdB zu stellen.
4.2 Arbeitslosigkeit vor der Rente
- Wer kurz vor der Rente arbeitslos wird, kann Arbeitslosengeld I und eventuell Nahtlosigkeitsregelungen nutzen.
- Vorsicht: Arbeitslosigkeit zählt nicht immer vollständig für die 45 Jahre mit.
4.3 Auslandsumzug
- In Ländern mit geringeren Lebenshaltungskosten reicht oft eine niedrigere Rente für den Lebensunterhalt.
- Beachte die steuerlichen Auswirkungen.
5. Früher in Rente – So geht’s in Deutschland: Schritt-für-Schritt-Plan zur Frühverrentung
- Renteninformation anfordern
- Bei der DRV online oder schriftlich anfordern.
- Zeigt deine Rentenhöhe und mögliche Starttermine.
- Ziel festlegen
- Willst du ohne Abschlag oder bist du bereit, dauerhaft weniger Rente zu akzeptieren?
- Finanzplan erstellen
- Einnahmen (gesetzliche Rente, Betriebsrente, private Vorsorge)
- Ausgaben im Ruhestand realistisch kalkulieren.
- Lücke schließen
- Zusatzeinzahlungen in die DRV
- Private Rücklagen aufbauen
- Überbrückung durch Nebenjob oder Teilzeit
- Rechtzeitig umsetzen
- Mindestens 5–10 Jahre vor dem geplanten Rentenbeginn mit der Planung starten.
6. Häufige Fehler vermeiden
- Zu späte Planung: Wer erst kurz vor dem Ruhestand anfängt, kann oft nur noch wenige Stellschrauben nutzen.
- Falsche Annahmen über „Rente mit 63“: Nicht jeder darf wirklich mit 63 abschlagsfrei gehen.
- Abschläge unterschätzen: 10 % weniger Rente klingt wenig, summiert sich aber über Jahrzehnte.
- Keine Steuerplanung: Auch Renten sind steuerpflichtig.
Früher in Rente zu gehen ist möglich – aber nur mit guter Vorbereitung. Wer die Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung kennt, die eigene Situation realistisch einschätzt und rechtzeitig vorsorgt, kann den Traum vom früheren Ruhestand verwirklichen.
Ob abschlagsfrei mit 45 Versicherungsjahren oder mit Abschlägen und cleverer Überbrückungsfinanzierung: Ein klarer Plan und frühzeitige Entscheidungen sind der Schlüssel.